Ihr Tier läuft kurzzeitig auf drei Beinen oder hat eine geduckte Haltung? Das könnten erste Anzeichen für eine Patellaluxation sein. In diesem Fall sollten Sie so schnell wie möglich einen Tierarzt aufsuchen.
Was ist die Patella?
Die Kniescheibe, oder Patella, ist ein kleiner Knochen an der Vorderseite des Kniegelenks. Sie spielt eine zentrale Rolle in der Stabilität und Funktion des Kniegelenks, indem sie die Kraftübertragung der Oberschenkelmuskulatur (M. quadriceps) unterstützt. Die Patella gleitet in einer Führungsrinne (Trochlea) am unteren Ende des Oberschenkelknochens (Femur) und lenkt die Muskelkraft ähnlich wie eine Seilrolle bei Beugung und Streckung des Kniegelenks. Rutscht die Patella aus ihrer Führungsrinne, spricht man von einer Luxation. Diese Luxation tritt häufig bei kleinen Hunderassen auf, kann aber auch bei großen Hunderassen oder Katzen vorkommen.
Warum tritt eine Patellaluxation auf?
- Abnormale Ausrichtung der Patella: Die Patella luxiert, wenn sie nicht richtig mit der Führungsrinne (Trochlea) ausgerichtet ist. Dies kann durch Deformitäten des Oberschenkelknochens (Femur), des Schienbeins (Tibia) oder beidem verursacht werden.
- Genetische Veranlagung: Besonders bei kleinen Hunderassen wie Zwergpudeln, Yorkshire Terriern und Chihuahuas tritt diese Erkrankung häufig auf, was auf eine genetische Komponente hindeutet.
- Traumatische Ursachen: Obwohl selten, kann eine Patellaluxation durch Verletzungen, aber auch in Verbindung mit einem Kreuzbandriss, ausgelöst werden.
Symptome einer Patellaluxation
Besitzer sollten auf folgende Anzeichen achten, die auf eine Patellaluxation hinweisen können:
- Kurzzeitiges Dreibeinlaufen: Das Tier hebt ein Hinterbein an und setzt es für einige Schritte nicht auf, läuft danach aber wieder normal.
- Bewegungsstörungen: Bei gleichzeitiger Luxation beider Knie kann das Tier Schwierigkeiten haben, normal zu gehen, und zeigt oft eine geduckte Haltung.
- Wiederkehrende Lahmheit: Die Lahmheit kann kommen und gehen, abhängig davon, ob die Patella luxiert ist oder nicht.
Diagnose einer Patellaluxation
Die Diagnose einer Patellaluxation erfolgt durch die orthopädische Untersuchung. Dabei wird das Kniegelenk abgetastet und die Luxation oder eventuelle Muskelschwund (Athrophie) festgestellt und die Luxation nach vier Schweregraden eingestuft. Zusätzlich wird unterschieden, ob die Kniescheibe nach außen (lateral) oder nach innen (medial) luxiert. Bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen liefern wichtige Informationen über die Ausprägung der Arthrose und die Knochenstruktur. In komplexen Fällen können zusätzliche Verfahren wie Computertomographie erforderlich sein.
Behandlungsmöglichkeiten einer Patellaluxation
Es gibt sowohl konservative als auch chirurgische Behandlungsansätze:
Konservative Behandlung:
- Bewegungseinschränkung: Besonders bei milden Fällen (Grad 1) kann eine eingeschränkte Bewegung ausreichen.
- Hydrotherapie und Physiotherapie: Diese unterstützen die Stabilisierung des Kniegelenks und den Muskelaufbau. Wir bieten beides in unserer Klinik an.
- Gewichtskontrolle: Übergewichtige Tiere sollten auf Diät gesetzt werden, um das Gelenk zu entlasten.
Chirurgische Behandlung:
- Neuausrichtung des Quadrizeps Mechanismus: Die Transposition der Tuberositas tibiae hilft, die Patella korrekt auszurichten.
- Vertiefung der Trochlea: Bei einer zu flachen Trochlea kann diese durch spezielle chirurgische Techniken vertieft werden.
- Umstellungsosteotomien: Bei besonders schweren Formen kann die Form des Oberschenkel- und/oder Unterschenkelknochens geändert werden, um eine bessere Ausrichtung der Patella zu erreichen.
- Patella Groove Replacement (PGR): Bei sehr starken Gelenkschäden wird eine Endoprothese eingesetzt, um die schmerzfreie Funktionalität des Gelenks wiederherzustellen.
Nachsorge und Rehabilitation
Die Nachsorge nach einer Operation zur Korrektur einer Patellaluxation ist entscheidend für den erfolgreichen Heilungsverlauf. Ein gut strukturierter Plan sorgt dafür, dass Ihr Hund schnellstmöglich wieder zu voller Gesundheit zurückkehrt. Hier sind die wesentlichen Schritte und Zeitpläne für die Nachsorge, inklusive Kontrollröntgen und Physiotherapie:
Woche 1–2: Ruhe und Wundversorgung
- Ruhighaltung: Der Hund muss strikt ruhig gehalten werden. Bewegungen sollten auf ein Minimum beschränkt werden, um die Heilung der Weichteile und des Knochens nicht zu gefährden. Spaziergänge sollten nur an der Leine und nur für kurze Zeiträume zur Erleichterung des Harn- und Kotabsatzes erfolgen.
- Kühlen der OP-Wunde: In den ersten Tagen nach der Operation können Coolpacks die Schwellung der OP-Wunde positiv beeinflussen.
- Wundversorgung: Der Hund trägt einen Halskragen, um das Belecken der Operationswunde zu verhindern. Die Wunde sollte regelmäßig von Ihrem Haustierarzt kontrolliert werden. Falls Nähte vorhanden sind, sollten diese nach etwa zwei Wochen entfernt werden.
- Medikamente: Schmerzmittel und gegebenenfalls Antibiotika werden verabreicht, um Schmerzen zu lindern und Infektionen vorzubeugen.
Woche 3–6: Beginn der Rehabilitation
- Leichte Bewegung: Nach der zweiten Woche können leichte, kontrollierte Bewegungen langsam wieder eingeführt werden. Der Hund darf weiterhin nur kurze Spaziergänge an der Leine absolvieren, und die Bewegung sollte auf Ebene Flächen beschränkt werden.
- Physiotherapie: Die physiotherapeutische Behandlung beginnt in der dritten Woche. Zu den typischen Maßnahmen gehören passive Bewegungstherapie, kontrolliertes Gehen und Hydrotherapie (wie Unterwasserlaufbänder), um die Gelenkbeweglichkeit zu fördern und die Muskulatur zu stärken.
- Erster Kontrollröntgen: Um die Heilung des Knochenschnitts zu überprüfen, erfolgt nach etwa 6 Wochen eine radiologische Untersuchung. Diese zeigt, wie gut die Osteotomie verheilt und ob die Stabilität der Knochenplatten gewährleistet ist.
Woche 7–12: Gesteigerte Aktivität
- Schrittweise Belastungssteigerung: Die Bewegungsfreiheit des Hundes kann nun schrittweise erhöht werden, immer noch unter strikter Kontrolle und weiterhin an der Leine. Aktivitäten wie leichtes Treppensteigen oder kurzes Spielen können langsam wieder aufgenommen werden.
- Fortlaufende Physiotherapie: Die physiotherapeutischen Maßnahmen werden intensiviert, um den Muskelaufbau weiter zu fördern und die Gelenkbeweglichkeit zu maximieren. Dies beinhaltet möglicherweise Dehnungsübungen, gezielte Stärkung der Muskulatur und weiterführende Hydrotherapie.
- Zweites Kontrollröntgen: Ein weiteres Röntgenbild wird nach 12 Wochen angefertigt, um den Fortschritt der Heilung zu bewerten und sicherzustellen, dass die Knochen vollständig verheilt sind. Diese Untersuchung hilft auch dabei, den Zeitpunkt für die schrittweise Rückkehr zur normalen Aktivität festzulegen.
nach 12 Wochen:
- Steigerung der Aktivität: Abhängig von den Ergebnissen der 12-Wochen-Kontrolle kann der Hund langsam zu seiner normalen Aktivität zurückkehren. Freies Laufen und Spielen ohne Leine sollten jedoch nur nach Freigabe durch den Tierarzt erlaubt werden.
- Weiterführende Physiotherapie: Es wird empfohlen, die physiotherapeutischen Sitzungen fortzusetzen, um die Beweglichkeit zu optimieren und zukünftigen Verletzungen vorzubeugen.
- Implantat Entfernung: Gemäß den Richtlinien der AOVET, empfehlen wir, das Implantat 6 bis 12 Monate nach der Operation zu entfernen. Die endgültige Entscheidung darüber obliegt selbstverständlich dem Besitzer. Gerne erläutern wir Ihnen aber die Gründe für diese Empfehlung beim Vorgespräch zur Operation.
Durch eine strikte Einhaltung dieser Nachsorgepläne können Sie sicherstellen, dass Ihr Hund eine optimale Heilung erfährt und langfristig schmerzfrei bleibt. In unserer Klinik stehen wir Ihnen während des gesamten Heilungsprozesses zur Seite und bieten umfassende Betreuung sowie spezialisierte Physiotherapieprogramme an. Gerne beraten wir Sie individuell und unterstützen Sie bei jedem Schritt der Genesung Ihres Hundes.
Prognose nach einer Patellaluxation-Operation
Die Prognose nach einer Patellaluxation-Operation ist in der Regel gut. Obwohl Arthrose ein häufiges Folgeproblem ist, führt sie selten zu schwerwiegenden Symptomen. Bei korrekter Nachsorge und Rehabilitation kehren die meisten Hunde und Katzen zu einem schmerzfreien Leben zurück. Komplikationen wie das Wiederauftreten der Luxation oder Implantat Probleme sind selten, aber möglich.
Wir stehen Ihnen in unserer Klinik mit umfassender Beratung, Diagnose und Behandlung zur Seite, um die bestmögliche Versorgung für Ihr Tier sicherzustellen.